Zukunftsforum der Umwelttage 2018

Zukunftsforum am 06.09. bildete Auftakt zu den Umwelttagen Weserbergland 2018

 

„Verstummtes Summen – Leben ohne Bienen?“

Ein Einblick in die Podiumsdiskussion mit Fokus auf den Umweltschutz

 


 

 

 

Zwei Kisten hatte Oliver Nacke vom NABU ins Zukunftsforum im HefeHof mitgebracht. Die eine reich gefüllt mit Obst und Gemüse, die wir tagtäglich genießen dürfen. Die andere mit dem, was auf dem Teller übrig bliebe, wenn die Bienen nicht mehr wären: Bananen, Kartoffeln und Salat!

Die Bestäubungsleistung der Bienen sei für das Tierreich ebenfalls von Bedeutung, denn auch die Vogelnährgehölze beispielsweise, trügen dank der Bienen so reichlich Früchte, ergänzte Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde in Celle. Er stellte fest, dass in Deutschland zu wenig Geld in die dringend notwendige Forschung investiert wird. Problematisch sei zum Beispiel, dass sich die Pflanzenschutzmittel-Verordnungen der Landwirtschaft zwar auf Forschungsergebnisse stützten, diese jedoch nur für die Honigbienen gölten. Die Wildbienen werden in Forschung und Praxis noch zu wenig berücksichtigt und dass, obwohl sie einen Großteil der Bestäubung übernehmen und weit mehr auf Unterstützung angewiesen sind, als die Honigbienen. Ihre Erforschung sei schwierig, aber aufgrund ihrer hohen Bedeutung um so wichtiger. Denn nur fundierte Kenntnisse über Wildbienen geben zum Beispiel Aufschluss darüber, wie wertvoll Blühsteifen wirklich sind. Werner von der Ohe erklärte, dass die Blühstreifen zwar Nahrung, aber keine Nistmöglichkeiten für Wildbienen böten, da diese für ihre Nistplätze eine Ruhezeit des Bodens von 11 Monaten benötigten. Die möglicherweise toxische Belastung der Blühpflanzen entlang konventionell bewirtschafteter Flächen ist ein weiterer Nachteil für die Insekten.

Im Sinne der Vernetzung von Biotopen spielen Blühstreifen trotzdem eine wichtige Rolle. Wenn es aufgrund der zunehmenden Versiegelung zu immer mehr isolierten Biotopen komme, würde den Bienen auch ein „genetisches Desaster“ zum Verhängnis.

Jan Dohren von der Initiative „Hannover summt!“ machte deutlich, dass die toxische Wirkung der Neonikotinoide auf das Nervensystem der Bienen bereits erwiesen sei. Die Beweislast für die erfoderlichen Verbote aller betreffenden Pflanzenschutzmittel dürfe nicht bei der Umwelt liegen! Die chemische Industrie müsse selbst die Verantwortung für ihre Produkte tragen. Für das Abwarten von Langzeitstudien sei schlicht keine Zeit. Jeder sei jetzt gefragt einen persönlichen Beitrag zum Erhalt der Bienen zu leisten. Dies sei schon im eigenen Garten oder auf dem Balkon möglich.

Wichtig sei jedoch, so Jan Dohren, dass die einzelnen nicht den Mut verlören, in Anbetracht der Tatsache, dass auf Äckern und Feldern großflächig mit chemischen Pflanzenschutzmitteln gearbeitet würde. Er verglich das Insektensterben, auch wenn dieses schleichend voran schreite, mit der Katastrophe von Fokushima und folgerte daraus, dass wir eine „Totalumkehr“ in Konsumverhalten und Nahrungsmittelerzeugung bräuchten. Sollte uns der Umweltschutz nicht etwas Verzicht hinsichtlich unseres Wohlstands wert sein? Er forderte die Politik auf, Förderkriterien und Vorgaben für die Landwirtschaft zu ändern

Für die deutlichen Worte von Jan Dohren gab es großen Applaus aus dem Publikum, das die Diskussion der insgesamt 5 Experten interessiert verfolgte.

Werner von der Ohe betonte, dass alle Menschen Verantwortung übernehmen müssten. Blühstreifen nur von der Landwirtschaft zu fordern, reiche nicht aus. Sie müssten auch an Waldrändern und einer generell zunehmenden Zahl von Hecken angelegt werden. Er berichtete von seiner Arbeit in Gremien aus Politik, Behörden und Experten verschiedener Interessengruppen. Derzeitig entwickele man gemeinsam eine App, die einen direkten Austausch zur Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Imkern ermögliche. Er hoffe, dass das „Insektensterben“ nicht nur ein kurzfristiges Trend-Thema sei und dass Maßnahmen auf allen Flächen, ob öffentlich oder privat, entgegenwirkten. Langfristig wären sonst nicht nur die Insekten, sondern auch Pflanzen gefährdet.

Als Vertreter der Landwirtschaft erklärte Karl-Friedrich Meyer, Vorsitzender vom Landvolk Niedersachsen, dass den Landwirten der Erhalt der Bienen wichtig sei, da ihre Ertragskraft von ihnen abhinge. Deshalb verstärke man die Zusammenarbeit mit Imkern. Alle Forderungen von Wissenschaft und Politik würden erfüllt, um „hervorragende Nahrungsmittel zu kosten-günstigen Preisen“ anbieten zu können.

Dipl. Ing. agrar Andreas Löloff vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht sein Haus als Schnittstelle mit einer „ganzheitlichen“ Herangehensweise. Blühstreifen, die viele Landwirte mittlerweile freiwillig anlegten, würden im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen mit 10 Mio. € gefördert. Die derzeitig 4% Biobetriebe in Niedersachsen sollen bis 2020 auf 20% ansteigen. Auch hier gäbe es finanzielle Starthilfen und Existenzunterstützungen. Entscheidend sei jedoch das Kaufverhalten der Bevölkerung. Zukünftig wünsche er sich hier ein größeres Bewusstsein und höhere Wertschätzung von Nahrungsmitteln, sowie direkte Dialoge und Kooperationen zwischen Politik, Verbrauchern und Landwirten.

Oliver Nacke vom NABU brachte die Runde abschließend wieder auf konkrete Maßnahmen am Boden. Er plädierte dafür, dass JEDER schauen solle, was er für die Biotope in seinem Landkreis tun könne. Und für die Bienen in seinem Vorgarten!

Ein großer Dank für das Zukunftsforum gilt den Veranstaltern der Klimaschutzagentur Weserbergland, radio aktiv und der Stadt Hameln sowie Moderator Karsten Holexa und allen Experten auf dem Podium!

 


 

Die Umwelttage Weserbergland boten vom 05.09. - 09.09.2018 ein vielseitiges Programm rund um das Thema Umweltschutz in der Region. Höhepunkt war der 'Tag der Umwelt' am Sonntag im Hamelner Bürgergarten, wo es zahlreiche Informationsstände sowie Aktionen und Unterhaltung für die ganze Familie gab.


© Dipl.-Ing. Anna Cathrin Arndt, 14.09.2018

 

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